Biontech – Impfstoff

Wie dieser mRNA-Impfstoff funktioniert, wurde bei der Verleihung des Deutschen Zukunftspreises 2021 an die Entwickler Prof. Dr. med. Özlem Türeci und ihren Mann Prof. Uğur Şahin  sowie an beider Kollegen Prof. Katalin Karikó und Prof. Christoph Huber noch einmal gut verständlich erklärt (ab TC 10.50 Min.).

In unserem Video spricht Türeci allgemein über die Forschungsarbeit des Mainzer Biotechnologieunternehmens. Bei ihrem Besuch des Ludwig-Erhard-Gipfels am 16. Januar 2020 hatte sie ausschließlich über Biontech’s hochinnovative Ausrichtung und das damit verbundene hohe Risiko für Investoren gesprochen. Wer in ein Cash-Burn-Unternehmen (wie Biontech) Geld investiere, so Türeci in unserem Video von damals, brauche viel Geduld und könne keineswegs sicher davon ausgehen, dieses Geld jemals wieder zurückzubekommen. Im Hinblick auf die Produktvision ihres Unternehmens unterstrich Türeci, man gehe bei Biontech weniger danach, was gerade besonders chic sei, sondern habe vor allem das Thema Reembursement im Auge. „Was wir nämlich schon auf der Innovationsebene, auf der Ebene der Entwicklung des Medikaments machen können, ist, zu fragen: Wie stellen wir sicher, dass die Cost-of-Größen niedrig sind? D.h. von vornherein Medikamente zu entwickeln, wo klar ist, dass wir nachher in eine Riesenkostendiskussion hineinkommen, ist problematisch.“ Deshalb frage man bei Biontech: „Was lässt sich upscalen an neuen Technologien für Wirkstoffe, ohne kostenhochintensiv zu werden?“ Das sei eine besondere Herausforderung bei Individualisierung. „Denn Sie müssen sich ja vorstellen, Sie bauen da nicht nur einen 2.000-Liter-Kanister, um ganze Volkswirtschaften zu versorgen, sondern Sie müssen hochparallelisierte, miniaturisierte Produktionsanlagen haben. Das ist dabei die Herausforderung. Hier können wir bereits auf unserer Ebene ansetzen, ohne schon am Markt zu sein.“ Nur 8 Tage nach Türecis Aufenthalt am Tegernsee las ihr Mann das alles entscheidende Paper über die Corona-Entwicklung im chinesischen Wuhan. 

Die Erkenntnisse aus den Forschungen zu Immuntherapien gegen Krebs kamen Türeci und Şahin für die Entwicklung ihres Impfstoffes gegen Covid-19 zugute. Auch dabei hatte das Forscherehepaar viel riskiert, baute man doch auf die bis dahin noch fast unbekannte mRNA-Technologie.

Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern für Türeci und Şahin

„Eine ähnlich existenzielle Großtat ist in diesem Schloss noch selten ausgezeichnet worden“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 19. März 2021 im Berliner Schloss Bellevue, als er im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel den höchsten deutschen Verdienstorden an die Biontech-Gründer Dr. Özlem Türeci und Prof. Uğur Şahin verlieh. Viele hätten versucht, so Steinmeier weiter, den Impfstoff und dessen Entwicklung für sich zu vereinnahmen. Ein Impfstoff habe aber keine Nationalität – er sei weder deutsch noch türkisch, auch nicht amerikanisch. Gebraucht werde jetzt eine weltweite faire Verteilung der neuen Wirkstoffe. Der Bundespräsident wörtlich: „Denn jetzt hilft doch nur eines: mehr und schneller impfen – mit allen Mitteln, die wir haben“. Dies müsse „mit Mut, mit Klugheit, mit einem guten Stück mehr Pragmatismus“ geschehen. Steinmeier würdigte das Forscherehepaar mit türkischen Wurzeln als visionäre Wissenschaftler und Unternehmer, denen es gelungen sei, im richtigen Moment „das Entscheidende“ zu tun. Der Biontech-Impfstoff war Ende Dezember 2020 als das erste Vakzin gegen Corona in der EU zugelassen worden.

Im SPIEGEL-Interview (Nr. 1 / 2.1.2021) hatten Türeci und Şahin erklärt, als „Immuningenieure“ hätten sie beide über zwei Jahrzehnte Erfahrung damit, Immunantworten im Körper auszulösen. Dank dieser Forschungen sei man in der Lage gewesen, in nie dagewesenem Tempo einen Impfstoff zu entwickeln. Trotzdem habe man zuerst nicht wissen können, ob das Corona-Virus überhaupt empfänglich für ihre Impfstoffkandidaten sei. Es gebe verwandte Viren dieser Klasse, gegen die kein Impfstoff habe entwickelt werden können. Das aktuell grassierende Corona-Virus zeige aber glücklicherweise eine „vielschichtige Immunantwort“, die sehr wichtig sei, wenn das Virus weiter mutiere. Şahin gegenüber dem Spiegel wörtlich: „Sie müssen sich das so vorstellen: Die ausgelöste Immunantwort erkennt das sogenannte Virusantigen an vielen Stellen. Durch eine Mutation kann das Virus zwar einzelne seiner Erkennungsstellen unkenntlich machen, aber sich nicht so grundlegend verändern, dass es für das Immunsystem unsichtbar wird.“

Rein technologisch könne Biontech den Corona-Impfstoff innerhalb von etwa 6 Wochen anpassen. Dann seien die Genehmigungsbehörden am Zug. Türeci wörtlich: „Akzeptieren sie, dass wir die Wirksamkeit und Sicherheit unseres Impfstoffes einmal grundsätzlich nachgewiesen haben, um ihn dann gegen weitere Virus-Mutanten einzusetzen?“ Andernfalls müsse man noch einmal neue Studien mit Zehntausenden Probanden machen. Allerdings hätten die Behörden durchaus Erfahrung mit solchen Anpassungen. Auch der saisonale Grippeimpfstoff werde jedes Jahr gegen neue Virusvarianten hergestellt.

Zu den langjährigen Unterstützern von Türeci und Şahin gehören die Hexal-Gründer Andreas und Thomas Strüngmann​ .