Türeci, Prof. Dr. Özlem

Die Biontech-Mitbegründerin Özlem Türeci – hier ist sie als Gast des Ludwig-Erhard-Gipfels 2020 am Tegernsee zu sehen – ist für ihre wegweisende Forschung im Bereich der Immunologie und der mRNA-Technologie mit dem Jung-Preis für Medizin ausgezeichnet worden. Dotiert ist der Preis mit 300.000 Euro. Mit ihrer Forschung habe Türeci nicht nur zur Entwicklung des ersten zugelassenen Impfstoffs gegen Covid-19 beigetragen, sondern auch potenzielle neue, personalisierte Behandlungsmöglichkeiten für Krebspatientinnen und -patienten von der Forschung in die klinische Entwicklung gebracht, hieß es in der Begründung für die Zuerkennung des Preises. Prof. Dr. med. Özlem Türeci und ihr Mann Uğur Şahin, ebenfalls Medizin-Professor, waren zuletzt u.a. mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet worden, den der Bundespräsident für Technik und Innovation vergibt. Dabei wurde auch Prof. Katalin Karikó geehrt, die mit beiden zusammenarbeitet. Der von ihnen entwickelte erste COVID-19-Impfstoff gelte als Beginn einer neuen Ära in der Medizin, hatte es im Vorstellungstext für die potenziellen Preisträger geheißen. Innovation bedeute für ihn, über Forschung einen Unterschied für die Menschen machen, so Şahin nach der Preisverleihung. Sein besonderer Dank ging an die Hexal-Gründer Andreas und Thomas Strüngmann (vgl. dazu auch die Sendung Markus Lanz vom 14.12.2021 ab TC 1.02.34) für deren Investitionsbereitschaft, ohne die der Impfstoff nicht hätte entwickelt werden können. In der Übertragung des ZDF wird ein weiteres Mal verständlich erklärt, wie der von Biontech entwickelte mRNA-Impfstoff funktioniert (ab TC 10.50 Minuten).

Die Biontech -Gründerin Türeci und ihr Ehemann Şahin waren am 19. März schon einmal von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geehrt worden, damals mit dem großen Bundesverdienstkreuz mit Stern. Dank ihrer weltweit anerkannten Kompetenz im Bereich der mRNA-Technologien und ihres unermüdlichen Einsatzes sei ihnen innerhalb kürzester Zeit die Entwicklung und Zulassung eines Impfstoffes gegen COVID-19 gelungen. Damit hätten sie einen entscheidenden Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie geleistet, hieß es damals in der Begründung für die Ordensverleihung.

Bei Türecis Besuch am Tegernsee im Januar 2020 wurde Corona hierzulande noch eher als regionales Problem in China wahrgenommen. Die Forscher-Unternehmerin – die Medizinerin Türeci ist Medizin-Vorstand von Biontech – hatte beim damaligen Ludwig-Erhard-Gipfel nur über die hochinnovative Ausrichtung des Mainzer Biotechnologieunternehmens und das damit verbundene hohe Risiko gesprochen.

Wer in ein Cash-Burn-Unternehmen (wie Biontech) Geld investiere, so Türeci damals, brauche viel Geduld und könne keineswegs sicher davon ausgehen, dieses Geld jemals wieder zurückzubekommen. Im Hinblick auf die Produktvision ihres Unternehmens unterstrich Türeci, man orientiere sich bei Biontech weniger daran, was gerade besonders chic sei, sondern habe vor allem das Thema Reembursement im Auge. „Was wir nämlich schon auf der Innovationsebene, auf der Ebene der Entwicklung des Medikaments machen können, ist zu fragen, wie stellen wir sicher, dass die Cost-of-Größen niedrig sind. D.h. von vornherein Medikamente zu entwickeln, wo klar ist, dass wir nachher in eine Riesenkostendiskussion hineinkommen, ist problematisch.“ Deshalb frage man bei Biontech: „Was lässt sich upscalen an neuen Technologien für Wirkstoffe, ohne kostenhochintensiv zu werden?“ Das sei eine besondere Herausforderung bei Individualisierung. „Denn Sie müssen sich ja vorstellen, Sie bauen da nicht nur einen 2.000-Liter-Kanister, um ganze Volkswirtschaften zu versorgen, sondern Sie müssen hochparallelisierte, miniaturisierte Produktionsanlagen haben. Das ist dabei die Herausforderung. Hier können wir bereits auf unserer Ebene ansetzen, ohne schon am Markt zu sein.“

Die Erkenntnisse aus den Forschungen zu Immuntherapien gegen Krebs kamen Türeci und Şahin (Biontech-CEO) für die Entwicklung ihres Impfstoffes BNT162b2 gegen Covid-19 zugute. Auch dabei hatte das Forscherehepaar viel riskiert, baute man doch auf die bis dahin noch fast unbekannte mRNA-Technologie. Wie es in Joe Millers Buch „Projekt Lightspeed. Der Weg zum BioNTech-Impfstoff – und zu einer Medizin von morgen“ heißt, hätte ein Scheitern ihres Impfstoffentwicklungsprojektes das Aus für Biontech bedeuten können. Man habe zunächst 500 Millionen Euro Schulden gehabt und der US-Konzern Pfizer sei beim ersten Kontakt nicht an einer Zusammenarbeit interessiert gewesen. Den Entschluss, das Projekt überhaupt anzugehen, soll Şahin am 24. Januar 2020 – also 8 Tage nach Türeci ’s Besuch am Tegernsee – gefasst haben. Nachdem am 9. November 2020 „die ganze Welt“ von den „hervorragenden“ Daten der entscheidenden klinischen Studie erfahren hatte, wurde die Aktiengesellschaft Biontech bald so wertvoll wie der 157 Jahre alte Aspirin-Produzent Bayer.

Die Wirkungsweise des Biontech-Impfstoffs erklärt Şahin, Professor für experimentelle Onkologie an der Universität Mainz, in einem weiterem Video (ab TC 10.20 Min.). Der Mediziner war 2019 mit dem Deutschen Krebspreis ausgezeichnet worden. Türeci (im Biontech-Video ab 8.04 Min.) ist Vorsitzende und Mitinitiatorin der gemeinnützigen Organisation Ci3 (Clusterinitiative für Individualisierte Immunintervention/ Infos im Biontech-Video ab 6.25 Min.) und Vorstandsmitglied der Association for Cancer Immunotherapy (CIMT/ im Video ab 7.20 Min.).

Zu den langjährigen Unterstützern von Türeci und Şahin gehören die Hexal-Gründer Andreas und Thomas Strüngmann.

Türeci und Şahin hatten sich in den 1990er Jahren am Universitätsklinikum Homburg kennengelernt.